Landkreis Hof für das Modellprojekt „Verfahrenslotsen“ ausgewählt
Das Jugendamt des Landkreis Hof wurde als eines von zehn Ämtern in Bayern für das Modellprojekt „Verfahrenslotsen“ ausgewählt und ist damit einer der Wegbereiter für inklusive Jugendhilfe. Verfahrenslotsen sollen junge Menschen und deren Familien, die potentiell Anspruch auf Eingliederungshilfe haben, beraten und begleiten. Außerdem unterstützen sie die Jugendämter strukturell bei der Zusammenführung der Leistungen. Für den Landkreis Hof übernehmen Franziska Müller und Gerhard Tröger als Verfahrenslotsen diese Aufgaben.
Worum geht es genau?
Im Rahmen der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention hat sich Deutschland verpflichtet, die bestehenden Sozialsysteme „inklusiv“ zu gestalteten. Es soll demnach nicht mehr unterschieden werden, ob ein Mensch mit oder ohne Behinderung einen Hilfebedarf hat, sondern nur, was der Mensch an Unterstützung braucht, um inklusiver Teil der Gesellschaft zu sein.
Gerade aber bei Hilfen für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene ist die geltende Zuständigkeit aktuell nicht inklusiv. Für Antragssteller ohne Behinderung – mit Ausnahme einer seelischen Behinderung – ist das Jugendamt zuständig. Für Menschen mit Behinderung sind in Bayern meist die Bezirke mit ihren Instrumentenkästen der Eingliederungshilfe verantwortlich. Für Ratsuchende wie auch für die Ämter selbst ist es oft schwer, Zuständigkeiten zu klären und Möglichkeiten inklusive Anträgen zeitnah auszuschöpfen.
Zur Vorbereitung einer weitreichenden inklusiven Lösung ab 2028 wurde ab 1. Januar 2024 die flächendeckende Einführung der Verfahrenslotsen in allen Jugendämtern beschlossen.
In Bayern wurde dazu im Vorfeld ein Modellprojekt aufgelegt, an dem der Landkreis Hof und neun weiteren Standorte teilnehmen. Somit können schon jetzt Hilfesuchende auf die Verfahrenslotsen der Region zugreifen.
„Die Verfahrenslotsen sollen übergeordnete Integrationslotsen für Familien, aber auch für Instanzen sein“, erklärt Gerhard Zeitler, Leiter des Fachbereichs Jugend, Familie und Soziales. „Ihren Schwerpunkt setzen die Verfahrenslotsen dabei auf die Schnittstelle zwischen dem Hilfeberechtigten und dem Leistungsgewährenden und sind so fester Bestandteil einer inklusiven Kinder- und Jugendhilfe. Sie begleiten und beraten also mit dem Ziel, junge Menschen und ihre Familien an diesen Schnittstellen zu unterstützen und mit ihnen im Rahmen der Möglichkeiten ein von Selbstbestimmung und Teilhabe geprägtes Leben zu gestalten.“
Was sind die Aufgaben der Verfahrenslotsen?
Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene mit einer Behinderung oder einer drohenden Behinderung und deren Eltern bzw. Erziehungsberechtigte sind Zielgruppe der Verfahrenslotsen des Landkreises Hof. Jeder, der die Hilfe in Anspruch nehmen möchte, kann sich dort melden. Die Beratung ist kostenlos und freiwillig.
Ein Gespräch zur Erfassung der persönlichen Situation steht am Anfang: Welche Beeinträchtigungen liegen vor, welche Hemmnisse an der Teilhabe in der Gesellschaft sind vorhanden und welche Wünsche werden geäußert – das sind dabei die Kernfragen der Verfahrenslotsen.
Danach geht es in der Orientierungsberatung um eine realistische Einschätzung des Hilfebedarfs und den Verweis an den zuständigen öffentlichen Träger beziehungsweise an weitere Stellen im regionalen Hilfenetzwerk.
Bei Bedarf begleitet der Verfahrenslotse auch beim Antragsverfahren selbst. Eine rechtliche Beratung ist allerdings nicht möglich.
Wer sind die Verfahrenslotsen im Landkreis Hof?
Durch die Teilung der Stelle konnte der Landkreis Hof erreichen, zwei Experten mit unterschiedlichem beruflichen Hintergrund zu gewinnen. Für die Ratsuchenden bedeutet das eine optimale und breit gefächerte Beratungsmöglichkeit. Franziska Müller als erfahrene Sozialpädagogin aus dem Bereich Frühe Hilfen / Koki des Kreisjugendamtes und Gerhard Tröger mit seinem fachlichen Hintergrund in der Eingliederungshilfe füllen gemeinsam die Stelle des Verfahrenslotsen aus.
Ihre Büros haben die Verfahrenslotsen nicht im Landratsamt, sondern im Helmbrechtser Kreisel (Friedrichstraße 1). Dieses Beratungshaus mit sozialräumlich vernetzten Angeboten ist die ideale Basis, um neutral und kompetent zu beraten. Dabei hilft die Einbettung in das regionale Netzwerk, dessen Teil die Verfahrenslotsen inzwischen geworden sind, sehr.
„Wir hatten jetzt Zeit, uns theoretisch auf die Aufgabe vorzubereiten, jetzt gehen wir in die Beratung“, so Franziska Müller. „Mein Kollege und ich freuen uns über jeden Anruf oder jede Mail und möchten allen Ratsuchenden die bestmöglichen Hilfen an die Hand geben.“
Auch Landrat Dr. Oliver Bär tauschte sich bereits mit den beiden Verfahrenslotsen über die ersten Wochen ihrer Arbeit aus: „Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei der neuen Aufgabe und bin mir sicher, dass Sie genügend zu tun haben werden. Vor allem aber bin ich gespannt auf das Ergebnis Ihrer Arbeit im Rahmen des Modellprojektes.“
Kontaktdaten:
Franziska Müller
09281 – 57 410
franziska.mueller@landkreis-hof.de
Gerhard Tröger
09281 – 57 565
gerhard.troeger@landkreis-hof.de
Hintergrund: Zur Erprobung, vorzeitigen Umsetzung und Erarbeitung landesweiter fachlicher Empfehlungen wurden durch den Bayerischen Landtag Mittel für ein bayerisches Modellprojekt bereitgestellt. Mit einem Festbetrag zur Personalkostenförderung in Höhe von 75.000 € werden zehn Jugendämter der bayerischen Städte und Landkreise vom 01.10.2022 bis zum 31.12.2023 gefördert. Unter 24 Bewerbern für das Modellprojekt wurde der Landkreis Hof als einer von zehn zur Erprobung des Projektes „Verfahrenslotsen“ ausgewählt.