Für Insektenvielfalt: An Kreisstraßen wird weniger gemäht
Gemeinsam mit dem Landschaftspflegeverband Landkreis und Stadt Hof (LPV) hat der Kreisbauhof sein Mähkonzept weiter optimiert. Um Überwinterungslebensräume für Insekten zu fördern, wurden im Jahr 2021 an den Kreisstraßen des Hofer Landes ca. 44 ha Brachebereiche über den Winter stehen gelassen.
Seit langer Zeit setzt der Kreisbauhof bereits Konzepte zur insektenfreundlichen Pflege seiner Straßenbegleitflächen um. „Wir beim Landkreis Hof im Fachbereich Tiefbau sind ständig dabei, unser Mahdregime an neue Erkenntnisse der Wissenschaft anzupassen. Was insektenfreundliche Mähtechniken angeht, setzten wir alles daran, auf dem aktuellsten Stand zu sein“, so Jürgen Wälzel, Leiter des Kreisbauhofs. Im letzten Jahr gab es zu diesem Thema intensive Abstimmungen mit dem Landschaftspflegeverband, der im Rahmen seines Projekts „Wir machen Insekten den HOF!“ der Initiative NATÜRLICH BAYERN Beratungen zur insektenfreundlichen Grünflächenpflege durchführt. „Für die Mahd der Bankette und Böschungen braucht es robuste und wenig fehleranfällige Mähgeräte. Das Problem ist, dass die auf dem Markt erhältlichen Geräte noch nicht ausgereift und einsatzfähig oder derzeit nicht verfügbar sind“, so Wälzel weiter. Gelder für den Kauf von neuen Geräten seien bereits in den Haushalt eingeplant und neue Geräte werden getestet, wenn es möglich ist. Empfohlen wird beispielsweise der Messerbalkenmäher, der sich als besonders tierschonend erwiesen hat. Deshalb wird der Landkreis Hof in diesem Jahr Tests und Versuche mit Balkenmähern und Rechensystemen durchführen.
Aber nicht nur auf die insektenschonenden Mähgeräte kommt es an, auch in der Umsetzung der Pflege kann einiges für die kleinen Krabbler getan werden. Unter anderem werden bei der Mahd verstärkt Teile der Vegetation stehen gelassen. Auf die ungemähten Inseln können Insekten umziehen und so überleben. Diese Flächen sind nicht nur vom Frühling bis in den Herbst hinein von essentieller Bedeutung für Wildbienen und Co., weil sie dort Nahrung und Nistplätze finden. Auch in der kalten Jahreszeit sind solche Brachflächen überlebenswichtig. Denn Insekten nutzen Stängel, alte Blütenstände und geeignete Blätter als Überwinterungsquartier. Marienkäfer nisten sich beispielsweise in hohle Stängel ein. Auch Vögel profitieren von den erhaltenen Strukturen. Sie finden an vielen Grasarten und alten Samenständen, z.B. von Brennnesseln oder Disteln, Nahrung im Winter.
Gemeinsam mit Straßenmeister Tobias Zinke, Jürgen Wälzel und dem Landschaftspflegeverband wurden weitere Ideen zu den Brachestreifen entwickelt. Außerhalb der Ortschaften mäht der Kreisbauhof rund 220 km Straßenbegleitgrün. Um die Verkehrssicherheit zu gewährleisten, müssen die Bankette, Sichtflächen und Entwässerungseinrichtungen kurzgehalten werden. Etwas weiter weg vom Fahrbahnrand liegen die sogenannten Extensivbereiche. Diese werden mittlerweile auf jeweils einer Straßenseite nur noch auf einer Breite von 3 m gemäht, statt wie früher auf 5 m. Die übrigen zwei Meter breiten Streifen summieren sich auf: nach Schätzungen des Straßenmeisters wurden dadurch im Jahr 2021 ca. 44 ha Straßenbegleitgrün stehen gelassen. „Das sind rund 62 Fußballfelder!“, berichtet Zinke. „In der kommenden Saison werden diese Bereiche dann gemäht und die auf der gegenüberliegenden Seite stehen gelassen“, so der Straßenmeister weiter. Eine regelmäßige Mahd (jedes 2. Jahr) sei nichtsdestotrotz notwendig, weil die Flächen sonst verbuschen, also mit Gehölzen zuwachsen.
Foto: Alte Pflanzenstängel als natürliche Insekten-Überwinterungshotels: Hier beispielhaft ein ungemähter Streifen an der HO6 von Döhlau Richtung Woja (Foto: Isabel Kaske, LPV Hof)
HINTERGRUND
Im Rahmen des Projekts „Wir machen Insekten den HOF!“ berät der Landschaftspflegeverband Stadt und Landkreis Hof über insektenfreundliche Grünflächenpflege. Bis März 2023 legt er außerdem gemeinsam mit Bauhöfen sowie Landwirten auf kommunalem Grund artenreiche Flächen an. Das Projekt findet im Rahmen der Initiative „NATÜRLICH BAYERN – insektenreiche Lebensräume“ des Deutschen Verbandes für Landschaftspflege (DVL) statt und wird vom Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz gefördert.
Das Projektmanagement übernimmt Isabel Kaske, Fachkraft beim LPV Hof. Bei Fragen und Anregungen ist sie unter isabel.kaske@landkreis-hof.de und 09281 57 319 erreichbar.
Der Landschaftspflegeverband Landkreis und Stadt Hof gestaltet und pflegt seit 1992 die Landschaft des Hofer Landes als Lebensraum für Menschen, Pflanzen und Tiere. Der Erhalt der Kulturlandschaft mit dessen teils selten gewordenen Tier- und Pflanzenarten ist sein zentraler Leitgedanke. Unter anderem in Zusammenarbeit mit dem Maschinenring Münchberg werden Fachpläne des Naturschutzes mithilfe von Landschaftspflegemaßnahmen umgesetzt und Artenschutzprojekte durchgeführt. Weitere Infos finden Sie auf der Internetseite: www.lpv-hof.de.
Der LPV Hof ist Mitglied beim DVL, dem Dachverband der 181 Landschaftspflegeorganisationen in Deutschland. In Bayern gibt es 64 Landschaftspflegeverbände und vergleichbare Organisationen. Die Koordinierungsstelle der bayerischen Landschaftspflegeverbände ist beim DVL angesiedelt. Dieser koordiniert im Rahmen der Initiative NATÜRLICH BAYERN über fünf Jahre 30 Einzelprojekte bayerischer Landschaftspflegeverbände. Seit 2019 wurden über 300 Hektar Säume, Wiesen und Äcker als Lebensräume für Insekten neu angelegt oder aufgewertet. Die LPV berieten und schulten dazu bisher mehrere Hundert kommunale Akteure. Die Initiative wird im Rahmen des Blühpakts Bayern vom Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz mit rund drei Millionen Euro gefördert. Was sie so besonders macht, erfahren Sie unter www.natuerlichbayern.de.